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Bergwachten in der Region Chiemgau 2012 bei 914 Einsätzen gefordert

2012 gab es 18 Bergtote in den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen.

Sie führt Tag und Nacht bei jedem Wetter den Rettungsdienst im alpinen und unwegsamen Gelände durch: Die Bergwacht Bayern ist eine ehrenamtliche Gemeinschaft im Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und als einzige Organisation für den Bergrettungsdienst im Freistaat zuständig. Zu den 15 Bereitschaften in der Region Chiemgau (Landkreise Berchtesgadener Land, Traunstein und Altötting) gehören aktuell rund 500 aktive Einsatzkräfte, die im vergangenen Jahr zu 914 Einsätzen ausrücken mussten, nur zwei mehr als 2011, aber so viele wie nie zuvor. „Die Zahl hängt vor allem davon ab, ob es einen schneereichen Winter gab, da wir dann in den Skigebieten viel mehr zu tun haben“, erklärt Regionalgeschäftsführer Ludwig Lang. Von 2010 auf 2011 gab es eine Steigerung um 16 Prozent, wobei die Zahl nur wenig über den tatsächlichen Aufwand aussagt.

Ob viel los ist, hängt von Wetter und Tourismus ab
„Die Anzahl der Einsätze ist vor allem vom Wetter in Kombination mit dem Tourismus abhängig. Ist zur Ferienzeit gutes Bergwetter, dann sind auch mehr Leute unterwegs – und wo mehr los ist, passiert in der Regel auch mehr. Bei guten Schneeverhältnissen sind mehr Wintersportler am Berg und wir haben automatisch mehr zu tun“, erklärt Thomas Küblbeck, Regionaleiter der Bergwacht Chiemgau. „Die Anzahl der Einsätze verkörpert aber nur teilweise unseren tatsächlichen Aufwand. Wir müssen immer mehr üben, da die Einsätze zusehends schwieriger und komplexer werden, was auch am veränderten Freizeitverhalten liegt. Früher war vor allem im Winter bei schlechten Verhältnissen kaum jemand am Berg unterwegs, heute sind wir das ganze Jahr über, auch oft in der Nacht gefordert“, sagt Küblbeck.

Schwierige Rettungsaktionen im Lattengebirge und am Watzmann
Die Bergwachten Bad Reichenhall, Teisendorf-Anger und Freilassing mussten zum Beispiel am 4. Februar 2012 in einer mehrstündigen Aktion eine Skifahrerin aus der Alpgartenrinne im Lattengebirge retten, die bei der Abfahrt gestürzt war und sich den linken Oberschenkel gebrochen hatte. Arktische Verhältnisse mit eiskaltem Wind und zweistelligen Minusgraden, zeitweise dichter Nebel und das bis zu 50 Grad steile Gelände erschwerten die Rettung erheblich.
Nur wenige Tage zuvor, am 30. Januar, retteten sie einen 30-jährigen Tourengeher, der in der Schreckrinne im Lattengebirge mit einer Lawine abgestürzt war.
Ein ähnlich schwieriger Einsatz fand am 10. Oktober am Watzmanngrat statt: In einer aufwendigen Rettungsaktion mussten rund 35 Einsatzkräfte der Bergwachten Ramsau, Berchtesgaden und Marktschellenberg fünf erschöpfte und unterkühlte Bergsteiger retten, die am späten Mittwochnachmittag zwischen Mittel- und Südspitze in einem Schneesturm festsaßen und nicht mehr weiterkamen. Da aufgrund der dichten Wolken ein Hubschrauberflug unmöglich war, mussten die Retter bei Dunkelheit unter widrigsten Verhältnissen mit Schneefall und Sturmböen zu Fuß über das Watzmannhaus zum Hocheck und weiter über den vereisten und verschneiten Grat zur Einsatzstelle aufsteigen. Küblbeck: „Viele Bergsteiger erwarten heute, dass trotz schwierigem Gelände und schlechtem Wetter Hilfe genauso schnell ankommt wie im Tal. Diesem Anspruch können wir aber trotz moderner Technik und bester Ausbildung nur bedingt gerecht werden.“
Dass die Einsatzkräfte der Bergwacht auch im Tal gefordert sind, zeigte sich am 9. Juni beim tragischen Absturz eines Hubschraubers am Teisenberg. Hier bestand die Aufgabe der Rettungskräfte im Wesentlichen darin, die Trümmer der Maschine für die Flugunfalluntersuchungen unversehrt aus den Bäumen zu holen.

18 Bergtote
Im vergangenen Jahr gab es 18 Bergtote in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen; 2011 waren es 22. „Das sind regionale Schwankungen, die einfach davon abhängen, wie viele Leute unterwegs sind. Bayernweit blieb die Zahl aber mit rund 80 bis 100 Toten jährlich während der letzten Jahre ziemlich konstant“, erklärt Geschäftsführer Ludwig Lang. Acht (2011: 10) Menschen starben beim Bergsteigen, vier (2011: 7) beim Wandern, zwei beim Klettern (keiner 2011), zwei (2011: 4) bei sonstigen Notfällen wie Herzinfarkt oder Forstunfall, einer beim Bergradeln (keiner 2011) und einer beim Skitourengehen (keiner 2011).

Weitgehend vollzogene Strukturreform
Nach der weitgehend vollzogenen Strukturreform mit vier Einsatzleitbereichen und einem Netz aus ehrenamtlichen Einsatzleitern, die über insgesamt vier eigene Einsatzleitfahrzeuge verfügen, arbeitet die Bergwacht in der Region Chiemgau trotz ihres ehrenamtlichen Charakters stetig professioneller. Spezialisierte Gruppen stehen zusätzlich zur Rettung aus wasserführenden Schluchten bereit, kümmern sich um die psychische Betreuung von Betroffenen nach schweren Bergunfällen (Kriseninterventionsdienst (KID)) oder bilden Suchhunde für Lawineneinsätze (Lawinen- und Suchhundestaffel) aus. Die Bergwacht Freilassing ist zusätzlich Bergrettungswache für Höhlenrettung und deckt den südostbayerischen Raum bis Rosenheim und das Salzburger Grenzgebiet in enger Zusammenarbeit mit der Salzburger Höhlenrettung ab.

703 Notfalleinsätze, 81 Sondereinsätze, 126 Fehleinsätze und vier Krankentransporte
Die 914 (2011: 912) Einsätze der Bergwachten in der Region Chiemgau für verletzte, erkrankte oder in Bergnot geratene Menschen verteilen sich auf 703 Notfalleinsätze (Verletzte oder Erkrankte), 81 Sondereinsätze (Bergnot), vier Krankentransporte und 126 Fehleinsätze. Im Einzelnen sind das 316 beim Skifahren (2011: 296), 188 beim Bergsteigen (2011: 176), 163 beim Wandern (2011: 200), 77 beim Snowboardfahren (2011: 89), 39 beim Klettern (2011: 42), 23 bei Skitouren (2011: 14), 22 beim Bergradeln (2011: 12), 16 beim Gleitschirmfliegen (2011: 21), 9 beim Rodeln (2011: 8), 5 beim Langlaufen (2011: 7), 4 Lawineneinsätze (2011: 1), einer beim Drachenfliegen (2011: 2), einer beim Eisklettern (keiner 2011), 52 sonstige Einsätze (2011: 32) und 34 Sucheinsätze (2011: 31).

Ausrüstung weiter optimiert
Wer viel leistet, braucht gute Ausrüstung und Material: 2012 bekam die Bergwacht-Region Chiemgau einen zweiten Kerosin-Tankanhänger. Die beiden Anhänger sind bei den Bergwachten Berchtesgaden und Traunstein stationiert und haben sich bereits mehrfach bei aufwendigen Einsätzen bewährt, da die eingebundenen Hubschrauber nicht mehr bis nach Salzburg oder Traunstein zum Nachtanken fliegen müssen. „Dadurch gewinnen wir wertvolle Zeit, die dem Patienten zu Gute kommt“, erklärt Küblbeck. Der Anhänger wird vom Einsatzleiter der örtlichen Bergwacht bei Bedarf angefordert und dann per Geländewagen zum jeweiligen Tallandeplatz gefahren. Im Juni konnte in Bad Reichenhall die neu gebaute Bergrettungswache an der Reichenbachstraße und die neue Geschäftsstelle der Region Chiemgau bezogen werden, wo auch das Rechenzentrum der Bergwacht Bayern untergebracht ist. Auch die zuvor recht störanfällige Funkkommunikation wurde 2011 mit einer im Verhältnis sehr kostengünstigen Lösung optimiert und 2012 mit den noch fehlenden, restlichen Relaisstationen vervollständigt: Die Bergwacht kann sich nun in der gesamten Region auch an abgelegenen Orten mit Handfunkgeräten über ein neu aufgebautes Gleichwellennetz verständigen. „Wir verfügen damit über einen voll funktionsfähigen Einsatzstellenfunk mit sehr guter Sprachqualität“, freut sich der Regionalleiter. Zusätzlich wurden in die Jahre gekommene Einsatzfahrzeuge ersatzbeschafft und vom Freistaat zusätzliche Mannschaftsbusse für die Bergrettungswachen bereitgestellt. Bergwacht-Notärzte, Rettungsassistenten und –sanitäter haben in einer Arbeitsgruppe einheitlich aufgebaute und gefüllte Notfallrucksäcke entworfen, die nun allen Bergwachten in der Region zur Verfügung stehen. Küblbeck: „Sie sind für die oft harten Anforderungen am Berg ausgelegt und die Einsatzkräfte finden das benötigte medizinische Material Dank des einheitlichen Aufbaus sofort.“ Die Freilassinger Höhlenretter haben im Feuerwehrhaus Mitterfelden eine zusätzliche Garage bezogen, in der ihr mittlerweile fertig ausgebauter Ausrüstungsanhänger untergebracht ist.

Pressemitteilung BRK BGL

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