11,6 Prozent mehr Einsätze als 2014 – 2015 gab es 14 Bergtote in den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen.
Sie führt Tag und Nacht bei jedem Wetter den Rettungsdienst im alpinen und unwegsamen Gelände durch: Die Bergwacht Bayern ist eine ehrenamtliche Gemeinschaft im Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und als einzige Organisation für den Bergrettungsdienst im Freistaat zuständig. Zu den 15 Bereitschaften in der Region Chiemgau (Landkreise Berchtesgadener Land, Traunstein und Altötting) gehören aktuell rund 500 aktive Einsatzkräfte, die im vergangenen Jahr zu 993 Einsätzen ausrücken mussten, 103 (rund 11,6 Prozent) mehr als 2014. „Die absolute Zahl spiegelt aber nie den tatsächlichen Aufwand wieder, denn an komplexen, größeren Rettungen sind oft 30 oder mehr Einsatzkräfte beteiligt; bei Suchaktionen auch mehrere Tage hintereinander“, erklärt Regionalgeschäftsführer Ludwig Lang.
Kommt wegen Nebel oder Sturm kein Hubschrauber durch oder ist die Einsatzstelle nicht per Geländefahrzeug erreichbar, so vervielfacht sich der Zeit-, Personal- und Materialaufwand schnell um ein Vielfaches. „Was sonst fliegerisch nur ein bis zwei Stunden dauert, wird bei schlechtem Wetter rasch zu einer sehr komplexen und langwierigen Rettungsaktion – wie in alten Zeiten, als die Bergretter generell zu Fuß auf- und absteigen mussten“, erläutert Lang. Die Zahl der Einsätze hängt vor allem vom Wetter während der Haupturlaubszeiten und davon ab, ob es einen schneereichen Winter gab, da dann allgemein mehr Leute unterwegs sind und die Bergwacht in den Skigebieten viel
mehr Arbeit hat.
2015 war vor allem geprägt von ungewöhnlich vielen und zum Teil auch sehr aufwendigen, oft tagelangen Suchaktionen und vielen nächtlichen Rettungsaktionen für Verstiegene in Bergnot, was in erster Linie am anhaltend schönen und milden Wetter im Sommer und Herbst liegt, durch das besonders viele Menschen unterwegs waren. Abseits ihres eigentlichen Aufgabenbereichs halfen die Bergwachten auch bei der medizinischen Versorgung der Flüchtlinge in Freilassing mit, sicherten den G7-Gipfel in Elmau mit ab und waren mit Schulungen und Tests zur Einführung des Digitalfunks gefordert.
Außergewöhnliche Einsätze waren beispielsweise eine sehr aufwendige Suche nach einem tödlich abgestürzten Wanderer im Gebiet der Wimbachschneid am 9. und 10. November, ein massiver Felssturz mit zwei schwer Verletzten am 12. September in der Watzmann-Ostwand, ein tödlicher Absturz in den Vorderen Schwarzachen bei Weißbach an der Alpenstraße am 7. September, ein tödlicher Absturz am 30. August bei der Blaueis-Umrahmung, ein 50-Meter-Absturz mit einem schwer verletzten Jugendlichen am 18. August an der Schärtenspitze, ein schwerer Gleitschirmabsturz am 8. August am Zwiesel, ein tödlicher Absturz am 26. Juli am Mooslahnerkopf, ein Vegetationsbrand im Juli in der Schärtenwand, eine große, tagelange Suchaktion im Juli nach einem tödlich abgestürzten Wanderer in der Nähe des Röthbach-Wasserfalls, ein tödlicher Höhlenunfall am 7. Juli im Untersberg, ein tödlicher Absturz am 28. Juni auf der Südseite des Hochstaufens, eine sehr aufwendige, nächtliche Rettungsaktion ohne Hubschrauber für einen schwer Verletzten auf der Wasseralm in der Röth in der Nacht von 15. Auf den 16. Juni, die nächtliche Rettung von 14 indonesischen Studenten vom Watzmann am 24. Mai, mehrere Skitouren-Notfälle im ersten Quartal auf der Großen Reibe rund um den Königssee, zwei Skitouren-Unfälle mit Verletzten am Hohen Göll und am Predigtstuhl und eine sehr aufwendige Rettungsaktion für drei bei Sturm und einem Meter tiefen Neuschnee verirrte junge Männer am Geigelstein zum Jahreswechsel 2014/2015.
Im vergangenen Jahr gab es 14 Bergtote in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen; 2014 waren es 17. „Das sind regionale Schwankungen, die einfach davon abhängen, wie viele Leute unterwegs sind. Bayernweit blieb die Zahl aber mit rund 80 bis 100 Toten jährlich während der letzten Jahre ziemlich konstant“, erklärt Lang. Die 993 (2014: 890) Einsätze der Bergwachten in der Region Chiemgau für verletzte, erkrankte oder in Bergnot geratene Menschen verteilen sich auf 342 beim Skifahren auf der Piste (2014: 268), 202 beim Bergsteigen (2014: 163), 190 beim Wandern (2014: 187), 65 beim Snowboardfahren (2014: 83), 64 Sucheinsätze (2014: 33), 54 sonstige Einsätze (zum Beispiel Arbeitsunfälle; 2014: 46), 43 beim Klettern (2014: 44), 32 beim Bergradeln (2014: 23), 20 bei Skitouren (2014: 9), 14 beim Gleitschirmfliegen (2014: 13), jeweils elf beim Langlaufen (2014: 14) und beim Rodeln (2014: 1), drei beim Drachenfliegen (2014: 4), drei Lawineneinsätze (2014: 3), zwei beim Höhlenbegehen (2014: 13 Einsatztage am Untersberg und im Tennengebirge), zwei beim Schneeschuhwandern (keiner 2014) und jeweils einer beim Eisklettern (keiner 2014) und beim Berglaufen (2014: 2). Beim Canyoning (2014: 1) und beim Skispringen (keiner 2014) ist 2015 nichts passiert. Es gab wie bereits 2014 auch keine Katastropheneinsätze (z. B. Hochwasser, Waldbrand).
„Die Anzahl der Einsätze ist vor allem vom Wetter in Kombination mit dem Tourismus abhängig. Ist zur Ferienzeit gutes Bergwetter, dann sind auch mehr Leute unterwegs – und wo mehr los ist, passiert in der Regel auch mehr. Bei guten Schneeverhältnissen sind mehr Wintersportler am Berg und wir haben automatisch mehr zu tun“, erklärt Thomas Küblbeck, Regionaleiter der Bergwacht Chiemgau. „Die Anzahl der Einsätze verkörpert aber nur teilweise unseren tatsächlichen Aufwand. Wir müssen immer mehr üben, da die Einsätze zusehends schwieriger und komplexer werden, was auch am veränderten Freizeitverhalten liegt. Früher war vor allem im Winter bei schlechten Verhältnissen kaum jemand am Berg unterwegs, heute sind wir das ganze Jahr über, auch oft in der Nacht gefordert“, sagt Küblbeck.
Küblbeck: „Viele Bergsteiger erwarten heute, dass trotz schwierigem Gelände und schlechtem Wetter Hilfe genauso schnell ankommt wie im Tal. Diesem Anspruch können wir aber trotz moderner Technik und bester Ausbildung nur bedingt gerecht werden.“ Nach der vollzogenen Strukturreform mit vier Einsatzleitbereichen und einem Netz aus ehrenamtlichen Einsatzleitern, die über insgesamt vier eigene Einsatzleitfahrzeuge verfügen, arbeitet die Bergwacht in der Region Chiemgau trotz ihres ehrenamtlichen Charakters stetig professioneller. Spezialisierte Gruppen stehen zusätzlich zur Rettung aus wasserführenden Schluchten bereit (Canyon-Rettung), kümmern sich um die psychische Betreuung von Betroffenen nach schweren Bergunfällen (Kriseninterventionsdienst (KID)) oder bilden Suchhunde für Lawineneinsätze (Lawinen- und Suchhundestaffel) aus. Die Bergwacht Freilassing ist zusätzlich Bergrettungswache für Höhlenrettung und deckt den südostbayerischen Raum bis Rosenheim und das Salzburger Grenzgebiet in enger Zusammenarbeit mit der Salzburger Höhlenrettung ab.
Ziel der Bergwacht Bayern war es während der vergangenen Jahre auch, in jedem Gelände eine notärztliche Versorgung sicherstellen zu können, auch wenn kein Hubschrauber fliegen kann. Dafür wurde eine kompakte Ausbildungsreihe konzipiert, die die reguläre Notarztausbildung mit der Bergwachtausbildung ergänzt; mittlerweile ist die Region Chiemgau gut mit Bergwacht-Notärzten und Sanitätern versorgt. Der Bergwacht-Notarzt ist zu allen Jahreszeiten geländegängig und mit den Bergrettungstechniken sowie den speziellen medizinischen Notfallszenarien der Bergrettung vertraut. Er ist auch unter schwierigsten Bedingungen für die medizinische Versorgung des Notfallpatienten verantwortlich. Bereits ausgebildete Notärzte durchlaufen bei der Bergwacht Bayern eine umfassende Basisausbildung im Bergsteigen und eine Grundausbildung Bergrettung. Im Anschluss nehmen sie an schweren Bergrettungseinsätzen teil.
← | Januar 2025 | → | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So |
30 | 31 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 |
13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 |
20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 |
27 | 28 | 29 | 30 | 31 | 1 | 2 |