Bergwachten des Einsatzleitbereichs Saalachtal üben am Teisenberg aufwendige Versorgung und Rettung von Lawinenopfern
Drei Skitourengeher werden bei der Abfahrt vom Teisenberg von einer Lawine mitgerissen, stürzen mit den Schneemassen in einen steilen Graben ab und werden teilweise verschüttet und durch den Aufprall an Felsen und Bäumen schwer verletzt. Über 30 Einsatzkräfte der Bergwachten Teisendorf-Anger, Bad Reichenhall und Freilassing haben am Freitagabend bei einer realistisch simulierten Winterübung die schwierige und aufwendige Rettung von Lawinenopfern geübt.
Einer der Tourengeher ist noch bei Bewusstsein und kann selbst mit seinem Handy über die vorwahlfreie Notrufnummer 112 bei der Leitstelle Traunstein Hilfe anfordern, woraufhin sofort ein Großeinsatz der Bergwacht anläuft. „Keine Selbstverständlichkeit, denn echte Einsätze zeigen uns, dass Betroffene am Berg oft keinen Empfang haben oder der Akku durch die Kälte nach wenigen Sekunden zusammenbricht. Wenn die Angehörigen sie dann am Abend als vermisst melden, weil sie sich nicht zurückmelden, müssen wir ohne genaue Anhaltspunkte erst die Suche aufnehmen, wodurch die Überlebenschancen sinken“, erklärt der Teisendorfer Bergwacht-Bereitschaftsleiter Georg Wimmer, der diesmal einen der Patienten mimen darf.
Bei der Übung sieht es zum Glück anders aus: Die Retter wissen aus dem Notruf, wo sie ungefähr hinmüssen; Lawinenhund Max führt sein Herrchen Jörg Riechelmann in nur 25 Minuten durch den Winterwald zielgenau zum Unfallort und verweist durch Bellen. Über Funk teilt der Reichenhaller Ausbildungsleiter Stefan Strecker die GPS-Koordinaten der Einsatzstelle an die nachfolgenden Bergretter mit. Da es bereits stockfinster ist, kann kein Hubschrauber mehr fliegen. Im Pendelverkehr bringen die Fahrzeugwarte Sepp Ramstötter und Helmut Lutz mit ihren beiden Raupen-All-Terrain-Vehicles (ATV) Einsatzkräfte und Material auf den Berg. Die letzten Höhenmeter muss alles zu Fuß getragen werden, denn der Hang ist zu steil und der Weg zu schmal.
Wie aufwendig ein bodengebundener Rettungseinsatz bei Dunkelheit tatsächlich sein kann, erlebten die Bergretter erst am vergangenen Montag, als ein 23-jähriger Einheimischer bei der Abfahrt vom Teisenberg mit seinem Snowboard stürzte, gegen einen Baum prallte und sich schwer am Oberschenkel verletzte. Bedingt durch Gelände und winterliche Verhältnisse hat auch während der personal- und materialintensiven Übung jeder alle Hände voll zu tun: Die erfahrenen Ausbilder steigen mit den jungen Anwärtern in die Rinne ab und spielen mit ihnen die komplette medizinische Erstversorgung durch: Überwachung von Bewusstsein, Atmung und Kreislauf, Schmerzbekämpfung, Wärmeerhalt und Lagerung in der Vakuummatratze. Für eines der Lawinenopfer kommt jede Hilfe zu spät: Die komplett verschüttete Plastikpuppe hatte keine Atemhöhle und verstirbt trotz mehrminütiger Wiederbelebungsversuche noch am Unfallort.
Der Hang oberhalb hat sich noch nicht komplett entleert, es drohen Nachlawinen. „Wir haben im Tal außerhalb des Gefahrenbereichs eine Schleuse mit Registrierung eingerichtet, an der die komplette persönliche Schutzausrüstung der Einsatzkräfte mit Verschütteten-Suchgerät (LVS-Gerät), Lawinenairbag, Sonde und Schaufel kontrolliert wurde“, erklärt Einsatzleiter Marcus Goebel, der die aufwendigen Rettungsmaßnahmen per Funk vom Parkplatz am Skilift aus koordiniert. Bei einer Nachlawine weiß er Dank der Registrierung sofort, wie viele Retter betroffen sind, wobei Airbag und LVS-Gerät die Überlebenschancen immens steigern. Während in der Rinne die Patientenversorgung auf Hochtouren läuft und die beiden Überlebenden in stabilisierende und wärmeisolierende Luftrettungssäcke umgelagert werden, baut die Gruppe oberhalb am Weg ein aufwendiges Flaschen-Seilzug-System auf, mit dem danach die Patienten im Akja über den Steilhang zum Weg hochgezogen werden. Alt und Jung arbeiten Hand in Hand zusammen - nach rund zwei Stunden ist das Szenario bewältigt. Die beiden Patienten und die Holzpuppe sind auf Akjas verladen und auf dem Weg ins Tal. „Unsere Leute mussten viel improvisieren und haben die gestellten Aufgaben in Teamarbeit erfolgreich gemeistert, wobei vor allem die Anwärter unter realistischen Bedingungen das Zusammenspiel bei einem Großeinsatz üben konnten“, freut sich der Ausbildungsleiter der Bergwacht Teisendorf-Anger, Stefan Stadler, der das Szenario im Vorfeld mit ausgearbeitet hatte. Beim Wirt in Neukirchen konnten sich die Teilnehmer bei Gulaschsuppe und Getränken wieder aufwärmen und ihre Erfahrungen diskutieren.
Ein Lawineneinsatz am Teisenberg erscheint zunächst unwahrscheinlich, war aber bereits Realität: Am 11. Februar 2004 stieg in den Morgenstunden ein einheimischer Skitourengeher in Richtung der Stoißer Alm auf, um seinen Kameraden, die bereits auf der Hütte waren, ein Weißwurstfrühstück nachzubringen. Er benutzte die Normalstraße vom Kohlhäusl über das Weidegebiet zur Stoißer Alm. Gegen 12 Uhr löste er beim Überqueren einer freien Fläche in einer Höhe von rund 1.200 Metern ein rund 20 mal 20 Meter breites Schneebrett aus, das ihn mit riss und zur Gänze verschüttete. Da der Schnee sehr locker war und sich seine Hände nahe der Schneeoberfläche befanden, konnte er sich selbständig aus den Schneemassen befreien. Anschließend alarmierte er die Bergwacht, die ihn zu Tal brachte.
Am 11. Mai 2012 war zwischen 18 und 19 Uhr rund 200 Meter unterhalb der Stoißer Alm aus einem rund 30 Grad steilen Hang eine große Grundlawine abgegangen und hatte rund 20 Meter des Wegs zwei bis drei Meter hoch verschüttet, wobei die Bergwacht nach möglicherweise verschütteten Mountainbikern suchen musste, aber schnell Entwarnung geben konnte.
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