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Reichenhaller Bergwacht war 2015 bei 80 Einsätzen gefordert

„Der Laden läuft prima!“ – Bereitschaftsleiter Dr. Klaus Burger und sein Team blicken bei Jahreshauptversammlung auf arbeitsreiches aber auch sehr erfolgreiches Jahr zurück.

Die Bergwacht Bad Reichenhall war vergangenes Jahr bei 80 Einsätzen auf hohem Niveau gefordert, darunter leider auch drei sehr tragische Unglücke mit tödlichem Ausgang. Bereitschaftsleiter Dr. Klaus Burger, der neue Gesamtausbildungsleiter Martin Neubauer, die neue Leiterin der Anwärter-Ausbildung, Monika Assmann und Kassenwart Werner Thaler blickten bei der Jahreshauptversammlung in der 2012 bezogenen neuen Bergrettungswache auf ein arbeitsreiches, aber auch sehr erfolgreiches Jahr zurück, denn trotz oder gerade wegen der hohen Anforderungen an das Ehrenamt halten die Bergretter eng zusammen, meistern die Einsätze mit hoher Motivation und Professionalität und pflegen nebenbei eine außergewöhnliche Kameradschaft. „Der Laden läuft prima!“, betonte Burger dankbar und lobte dabei seine komplette Mannschaft und die vielen Partner und Förderer, ohne die das Großprojekt Bergwacht unmöglich wäre.

Bärenstarke Anwärter-Gruppe


Vorausschauende Nachwuchsarbeit ist die Überlebensgarantie der ehrenamtlichen Rotkreuz-Gemeinschaft. „Besonders glücklich bin ich, dass wir derzeit eine bärenstarke und hoch motivierte Gruppe von elf Anwärtern haben, eine Gemeinschaft in der Gemeinschaft – dennoch freuen wir uns freilich immer auf neue Interessenten; Bergretter wird man aber nicht durch Handauflegen des Bereitschaftsleiters.“ Von den angehenden Einsatzkräften werde in den anspruchsvollen Ausbildungen viel Zeit, Ausdauer, Geduld und Leidensfähigkeit gefordert, dafür dringen Bergretter dann in Ausbildungs- und Einsatzbereiche vor, die vielen, auch sehr guten Alpinisten verschlossen bleiben: Sie sind Sanitäter, Flug-, Seilbahn-, Canyon- und Höhlenretter, Lawinen- und Suchhundeführer, Techniker und Experten für Krisenintervention. „Gefragte Spezialisten mit extrem hoher Einsatzbreite, wertvoll und angefordert auch bei Katastrophen wie Waldbränden, Hochwasser, Murenabgängen, Zugunglücken oder Erdbeben“, konkretisierte Burger.

2016 ist die Bergwacht vor allem mit den Schulungen zur Einführung des neuen Digitalfunks gefordert, muss sich um den Helfer-Führerschein für junge Einsatzkräfte bemühen und einen gesetzlich geforderten Motorsägenkurs anbieten. Darüber hinaus wünschen sich die Bergretter an der Reichenbachstraße zwei zusätzliche Garagen – als überörtliches Lager für Ersatzteile der Digitalfunksender im unwegsamen Gelände und für einen geplanten Anhänger der Canyon-Rettungsgruppe.

Neuer Einsatz-Hotspot Poschberg


Bereitschaftsleiter-Stellvertreter Stefan Strecker war beruflich verhindert, weshalb die neue Leiterin der Anwärter-Ausbildung, Monika Assmann vom vergangenen Einsatzjahr berichtete, das sich mit 80 Einsätzen (2014: 71; 2013: 82) in das konstant hohe Niveau der vergangenen Jahre einreiht. Im rund 420 Quadratkilometer großen Zuständigkeitsbereich zwischen Sonntagshorn und Untersberg war mit 18 Einsätzen am Predigtstuhl am meisten los, darunter allein fünf Rettungen aus Bergnot am Poschberg, der sich immer mehr zu einem neuen Hotspot entwickelt. Wiederholt hatten Bergsteiger im Abstieg vom Predigtstuhl die mit Wegtafeln markierte Abzweigung zum Waxriessteig verpasst und stiegen dann meist an der Posch-Jagdhütte vorbei über den Stölzerboden und das Schneideck immer weiter nach Süden durch das steile, felsdurchsetzte und weglose Wiesengelände ins Röthelbachtal hinab, wo sie dann in Bergnot gerieten. Ebenfalls viel zu tun hatte die Bergwacht am Staufen (14), im restlichen Lattengebirge (11), am Teisenberg und Högl (8), im Skigebiet am Götschen (6), am Zwiesel (4), im Gebiet des Sonntagshorns (4), am Untersberg (3), am Jochberg und im Listsee-Gebiet (3), auf der Reiter Alpe (2), am Müllnerberg (2), am Fuderheuberg (1) und am Ristfeuchthorn (1). Dreimal waren die Bergretter auch zur medizinischen Erstversorgung im Stadtgebiet gefordert und unterstützten den Landrettungsdienst.

Während des anhaltend schönen Sommerwetters war am meisten los


27 Einsätze waren für Verletzte, 14 für internistisch Erkrankte, zwölf Rettungen aus Bergnot, 17 Nachforschungen nach nächtlichen Lichtquellen im Gebirge, drei Vermisstensuchen, vier Hilfeleistungen und drei Totenbergungen. Bedingt durch das sehr schöne Sommerwetter mit besonders vielen Menschen in den Bergen war im Juni (8), Juli (11), August (16), und September (8) am meisten los, wobei auffällig ist, dass die Bergwacht aufgrund des späten und eher schwachen Wintereinbruchs Ende Dezember auch im Spätherbst und Frühjahr ungewöhnlich oft in der sonst eher ruhigeren Zeit gefordert war. Eine Wander- und Sommer-Bergsteiger-Saison geht aufgrund der schneearmen Winter immer nahtloser in die nächste über. 27 der Einsätze waren medizinische Notfälle, bei denen ein Notarzt notwendig war, 26 wurden in Zusammenarbeit mit Hubschrauber-Besatzungen abgewickelt und bei elf waren Spezial-Einsatzkräfte mit involviert, darunter die Such- und Lawinenhundestaffel, die Canyon-Rettungsgruppe, der Kriseninterventionsdienst (KID) der Bergwacht und der Technikbus der Bergwacht Chiemgau.

Burger erinnerte an die im vergangenen Jahr verunglückten Bergsteiger, den besonders tragischen, tödlichen Absturz eines beliebten Reichenhallers nach der Staufenmesse, den verstorbenen Bergwacht-Kameraden und ehemaligen Hüttenwirt auf der Reiter Alpe, Hermann Votz und an das mittlerweile dritte Bergwacht-Gedächtnis-Skirennen am Predigtstuhl für den im Dezember 2005 beim Lawinenunglück auf der Hochalm tödlich verschütteten Ausbildungsleiter Wolfi Schmid.

Rund 60.000 Euro eingenommen und ausgegeben


Kassenwart Werner Thaler berichtete von jeweils rund 60.000 Euro, die die Bergwacht 2015 eingenommen und auch ausgegeben hat, davon ein Löwenanteil von rund 60 Prozent für Ausrüstung, 13 Prozent für Wartung und Instandhaltung der vier Fahrzeuge, sieben Prozent für die Gebäude, fünf Prozent für Versicherungen, jeweils drei Prozent für Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Soziales, Verwaltung und EDV und Instandhaltung, zwei Prozent für medizinisches Verbrauchsmaterial und ein Prozent für Ausbildung. Besondere Highlights sind neue Leichtsteigeisen für die komplette Mannschaft, mit denen auch die steilen und rutschigen Wiesenhänge wie am Fuderheuberg sicher begangen werden können, sehr leichte und kompakte Frühdefis, eine hochwertige Wiederbelebungspuppe, neue Klettersteigsets für alle Einsatzkräfte, Anoraks und Hosen sowie das neue vom Bayerischen Innenministerium finanzierte Bergrettungsfahrzeug auf Basis eines VW-Amarok.

Ein stolzes Drittel der Einnahmen (33 Prozent inklusive Mitgliedsbeiträge Förderverein) machen Spenden aus. „Sie sie unverzichtbar zur Finanzierung unserer ehrenamtlichen Organisation und verkörpern zugleich Anerkennung und Wertschätzung der Bevölkerung für die geleistete Arbeit“, freut sich Burger. 28 Prozent setzten sich aus öffentlichen Zuwendungen zusammen, 26 Prozent sind Benutzungsentgelte für die Einsätze, neun Prozent Zuweisungen von Justiz und Staatsanwaltschaft, drei Prozent direkte Beiträge von Fördermitgliedern und ein Prozent Erbschaften und Kostenerstattungen.

Für alle Einsatzlagen vorbereitet: 103 Aus- und Fortbildungen


Martin Neubauer ist der Nachfolger von Hans Lohwieser als Ausbildungsleiter. Beide hatten 2015 gemeinsam die Verantwortung für insgesamt 103 Aus- und Fortbildungen, die von zahlreichen Spezialausbildern der Bereitschaft unterstützt oder direkt durchgeführt wurden. Allein 28 Ausbildungen fanden für die 41 aktiven Einsatzkräfte statt, 36 für die aktuell elf Anwärter, 19 für die Hundestaffel und elf in der Canyon-Rettungsgruppe. Neben einer Fortbildung für die zwölf Einsatzleiter fanden drei Übungen mit Hubschraubern, vier Praktika in der Integrierten Leitstelle und bedingt durch den dortigen Umbau nur ein Training in der Hubschrauber-Simulationshalle in Bad Tölz statt. „Dadurch ist ein Engpass entstanden und wir müssen 2016 wesentlich mehr Leute als sonst ins Zentrum für Sicherheit und Ausbildung schicken, da unsere Einsatzkräfte im Ernstfall nur fliegen dürfen, wenn sie das Training regelmäßig absolviert haben“, erklärt Neubauer.

Zunehmende Anforderungen an das Ehrenamt


Die Reichenhaller Bergwacht war 2015 jeden vierten bis fünften Tag mit teilweise sehr komplexen und aufwendigen Rettungen gefordert, bereitete sich bei 103 Aus- und Vorbildungen auf alle erdenkbaren Einsatzlagen vor und führte darüber hinaus noch zahlreiche weitere Veranstaltungen durch, bei denen die Besucher wiederholt ihre Anerkennung ausdrückten: „Es ist kaum zu glauben, was das Ehrenamt zu leisten vermag und leisten muss.“ Burger erinnerte an besondere Projekte wie die Übungen mit neuen Seilfahrgeräten an der Predigtstuhlbahn und rief den tödlichen Unfall bei einer Seilbahn-Übung in der Oberpfalz in Erinnerung: „Im Umgang mit den Spezialgeräten muss jeder Handgriff sitzen – ein Absturz wäre fatal!“

Jakob Wohlschlager und Rupert Erber geehrt


Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner und Bereitschaftsleiter Dr. Klaus Burger zeichneten Jakob Wohlschlager für ein halbes Jahrhundert und Rupert Erber für 40 Jahre Mitgliedschaft in der Bergwacht aus. „Jakob Wohlschlager, respektvoll Jackson genannt, ist ein nur unwesentlich in die Jahre gekommener Kamerad mit großem Engagement für die Bereitschaft, vorbildlicher und stets absolut verlässlicher ehemaliger Stüberlwirt. Jakob war immer für die Gemeinschaft da, und legt viel Wert auf Kameradschaft und Zusammenhalt“, lobte Burger. Wohlschlager ergriff spontan selbst das Wort und lobte Burger und die aktuelle Mannschaft in den höchsten Tönen: „Wir haben ein wunderbares Bergwachthaus, eine tolle Leitung und die so engagierte junge Führungsmannschaft um Strecker, Neubauer und Assmann; ich bin stolz auf Euch!“

Rupert Erber ist seit 40 Jahren aktiver Bergretter. Zahlreiche Menschen verdanken ihm ihre Rettung aus Bergnot. Er ging in Einsätzen mehr als einmal hohe Risiken zur Rettung von Menschenleben ein. Beispielhaft sind drei Lawinenunfälle in den Berchtesgadener Alpen im Winter 1991, die bei damals extremer Lawinengefahrenstufe durchgeführt wurden. Er flog viele Hubschraubereinsätze und war zudem bei zahlreichen Suchaktionen und Totenbergungen an vorderster Stelle tätig. Als Lawinenhundeführer trug er über 25 Jahre lang besondere Einsatz- und Führungsverantwortung. Burger: „Vor drei Wochen erst war Rupert wiederum an einer schwierigen Rettungsaktion am Götschen beteiligt – ein Patient mit Verdacht auf Halswirbelbruch auf der Piste musste versorgt und schonend abtransportiert werden. Auch in organisatorischen Belangen ist er ein unverzichtbarer Bestandteil der örtlichen Gemeinschaft.“ Seit ein paar Jahren übt er das Amt des Schriftführers der Bergwacht in Reichenhall aus und ist Verantwortlicher für die persönliche Schutzausrüstung der Einsatzkräfte. „Eine Tätigkeit, um die sich keiner reißt, um es vorsichtig zu formulieren“, betonte Burger. Rupert Erber investiert zudem viel freie Zeit als Hüttenwart der Reichenhaller Bergwachthütte auf der Törlschneid. Seit gut 25 Jahren kümmert er sich um den Stützpunkt im Lattengebirge, der auch als Anlaufpunkt und Notunterkunft für Bergsteiger dient, mit den schneearmen Wintern als Stützpunkt an der Skiabfahrt nach Winkl aber etwas an Bedeutung verloren hat.

Modifiziertes Rettungstau-System


Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner, Polizeihauptkommissar Heiko Klepke, Pilot Eckart Steinau von der Luftrettungsstation „Christoph 14“, Kreisbereitschaftsarzt Dr. Rüttger Clasen und Thomas Klein von der Bergwacht Freilassing dankten der Reichenhaller Bergwacht mit ihren Grußworten für die gute Zusammenarbeit und geleistete ehrenamtliche Arbeit; DAV-Chef Robert Kern, Stadtbrandmeister Franz Gruber, Lorenz Aschauer von der Bergwacht Teisendorf-Anger, Sandra Abfalter von der Bergwacht Chiemgau, Christian Eisenschink von der BRK-Wasserwacht, Rettungsassistent Alfred Mayer von „Christoph 14“ und Fördervereinsehrenvorsitzender Bernhard Rosenberger sprachen anschließend bei einer gemeinsamen Brotzeit im Stüberl im persönlichen Gespräch große Anerkennung für den freiwilligen Einsatz aus. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Bundespolizei-Fliegergruppe durch den anhaltenden Flüchtlingseinsatz wurden laut Steinau 2015 viele geplante Fortbildungen mit der Bergwacht nicht mehr durchgeführt; 2016 seien deshalb und auch wegen eines komplett modifizierten, neuen Rettungstau-Systems dringend mehr Übungen notwendig; außerdem müssen diverse Behelfs-Landeplätze aufgrund von EU-Vorgaben zertifiziert werden.

red/Pressemitteilung BRK BGL
Bilder © Leitner BRK BGL
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