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Das hochinfektiöse Höhlen-Virus greift weiter um sich

Einseil-Technik-Übung im 37-Meter-Schacht des Feuchten Kellers am Trattberg - Höhenrettungsgruppe der Bergwacht Freilassing integriert weitere Einsatzkräfte anderer Bergwacht-Bereitschaften der Region Chiemgau.

Viele sind schon angesteckt und hellauf begeistert, doch das hochinfektiöse Höhlen-Virus greift spätestens seit den beiden unglaublichen Rettungsaktionen im vergangenen Jahr im Untersberg und im Tennengebirge weiter um sich: Die Freilassinger Höhlenrettungsgruppe rund um ihren Chef Peter Hogger hat während der vergangenen Monate weitere Einsatzkräfte anderer Bergwacht-Bereitschaften der Region Chiemgau für ihre ganz spezielle Arbeit in der Unterwelt gewonnen, darunter auch zuvor überzeugte Sonnenschein-Bergsteiger, die getreu dem Motto „In dieses finstere, dreckige und enge Loch geh ich ganz bestimmt nicht hinein!“ den Abstieg in alpine Schächte bisher kategorisch abgelehnt hatten. Von Montag auf Dienstag fand für die Neueinsteiger und alten Hasen eine der vielen, regelmäßigen Übungen statt, wobei im 37-Meter-Schacht des Feuchten Kellers im Trattberg in der Osterhorngruppe im Salzburger Tennengau die Einseiltechnik geübt wurde: Abfahren und Aufsteigen am Seil, sichere Handhabung von Abseilgeräten und Steigklemmen, Selbstsicherung und Umsteigen, während der Höhlenbach über die Wände herabstürzt, wild um sich spritzt und jeden Griff und Tritt im Fels mit einem glitschigen, rutschigen Tropfenfilm überzieht.

Bundesweit ereignen sich pro Jahr nur eine Hand voll Einsätze; wenn aber etwas passiert, so wie letztes Jahr im Riesending, dann sind alle voll gefordert, denn was die Höhlenretter tun, ist mitunter das Schwierigste, Personal- und Materialintensivste, was der Bergwachtdienst zu bieten hat. „Wir fangen dort an zu retten, wo alle anderen aufhören. Was noch vor einem Jahr als unmöglich galt, ist jetzt schon Geschichte!“, betont Hogger, der mit seinen ehrenamtlichen Höhlenrettern mehrmals pro Monat in den tiefen Schächten und Gängen der Berchtesgadener, Chiemgauer und Salzburger Berge unterwegs ist, um den bereits reichen Erfahrungsschatz der Gruppe zu erweitern, Rettungstechniken zu üben und in eine bizarre Unterwelt vorzudringen, wo zum Teil noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist. Was für den faszinierten Außenstehenden nach Abenteuer klingt, ist für die Retter harte Arbeit in einer oft sehr lebensfeindlichen, nasskalten und immer dunklen Umgebung, wo Wasserfälle durch senkrechte, zerklüftete Schächte herabstürzen, Engstellen den Weg versperren und immer wieder Gefahr durch Steinschlag droht.

Was zuvor als unmöglich galt, wurde zum Pfingst-Wunder 2014: Mit den beiden unglaublichen Höhlenrettungsaktionen aus dem Riesending im Untersberg und der Jack-Daniels-Höhle im Tennengebirge haben die Einsatzkräfte der Freilassinger Bergwacht einen Quantensprung an Erfahrung, Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und internationalem Austausch erlebt. Die von ihnen betriebene Höhlenrettungswache der Bergwacht-Region Chiemgau ist von ihrem Schattendasein ins Rampenlicht gerückt und hat weltweite Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren. Die beiden Rettungsaktionen sind längst als eigene Kapitel in die Geschichte der organisierten Bergrettung eingegangen und Höhlenrettung fasziniert auch den normalen Bergwachtmann, weshalb auch einige bisherige kategorische Höhlen-Verweigerer ihre Vorurteile abgelegt haben und regelmäßig mit in die Unterwelt hinabsteigen, die durchaus auch ihre praktischen Seiten hat: Während sich andere Alpinisten Tag für Tag im prallen Sonnenschein des Jahrhundertsommers durch steile Südwände hinauf quälten, konnten sich die Höhlenretter immer wieder als erfrischende Abwechslung ins angenehm kühle Innere der Berge zurückziehen.

Hogger und sein Team folgen bei ihrer Arbeit einem einfachen Grundprinzip: Wer viel unterwegs ist und ständig übt, kann im Ernstfall sicher und kompetent helfen. Regelmäßig finden deshalb meist unter dem Decknahmen „Montagshöhle“ praktische Übungen für die Ehrenamtlichen statt, bei denen bereits bekannte Höhlen befahren, Rettungstechniken geübt und Neuland erkundet wird. Dabei stehen bergsteigerische Techniken wie Abseilen, Umsteigen oder Aufsteigen mit Steigklemmen am Statikseil ebenso auf dem Programm wie notfallmedizinische oder geologische Themen. Was Hoggers Team dabei auszeichnet, ist die stets gute Stimmung und die außergewöhnliche Kameradschaft in der Gruppe, die an den unmöglichsten Orten in einer oft sehr rauen Umgehung auch immer ihren Spaß hat. „Alle sind mit dem Herzen und vollem Eifer dabei; auch die schlimmste Drecksarbeit ist keinem zu blöd und die zunächst auswegloseste Situation wird gelöst, weil alle an einem Strang ziehen und Hand in Hand zusammenarbeiten“, freut sich Hogger, der mit seiner ruhigen und besonnenen Art ganz verschiedene Leute in einer gemeinsamen Aufgabe zusammenbringt und vereint. Da Höhlen die Menschen seit jeher auch begeistern und oft auch unvorhersehbar Schwierigkeiten auftauchen, dauern die Ausflüge in die Unterwelt schon mal bis weit nach Mitternacht und damit länger als geplant, so dass der abschließende Abstecher zur Nachbesprechung ins Wirtshaus nicht mehr möglich ist.

red/Pressemitteilung BRK BGL
Bilder © Leitner BRK BGL
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