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Besondere Herausforderung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

2014 waren es 175 Jugendliche – Soziale Betreuung steht im Vordergrund.

Die Flüchtlingsströme aus den Krisenherden im Nahen und im Mittleren Osten sowie in Afrika wirken sich in Bayern durch eine deutliche Zunahme an Asylbewerbern aus. Besonders betroffen sind davon Minderjährige, die, oft traumatisiert und völlig auf sich allein gestellt, in eine neue Welt kommen. Der Landkreis Berchtesgadener Land mit seinen 15 Städten, Märkten und Gemeinden ist hier aufgrund seiner geographischen Lage besonders gefordert. Besonderer Einsatz wird vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamts abverlangt, die an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr bereit stehen müssen, wenn „unbegleitete Minderjährige“, so die offizielle Bezeichnung, im Zug oder - von Schleusern ausgesetzt - an der Autobahn bei Kontrollen der Polizei aufgegriffen und vom Jugendamt in Obhut genommen werden müssen.

Waren es im Jahre 2013 noch 35 unbegleitete Minderjährige, die das Landratsamt Berchtesgadener Land zu betreuen hatte, steigerte sich diese Zahl im vergangenen Jahr auf 175 Jugendliche, davon 170 Jungen und 5 Mädchen, so der Leiter des Jugendamts im Landratsamt Berchtesgadener Land, Mathias Kunz.

Die unbegleiteten Minderjährigen kamen im vergangenen Jahr aus folgenden Ländern:

Afghanistan131
Syrien17
Eritrea7
Kosovo4
Somalia3
Tunesien2
Marokko2
Kurde2
Elfenbeinküste1
Gambia1
Algerien1
Türkei1
Mali1
Ägypten1
Staatenlos1

Im Jahr 2015 wurden bis Ende Februar bereits wieder 34 Jugendliche in Obhut genommen. Auffällig war in diesem Jahr, dass vermehrt Jugendliche aus dem Kosovo aufgegriffen wurden.

Der Jugendamtsleiter geht davon aus, dass aufgrund der Tendenz der ersten beiden Monate für das laufende Jahr mit einer weiteren Zunahme an Kindern und Jugendlichen, die allein auf der Flucht sind, zu rechnen ist. Das bedeutet auch einen erheblichen personellen Mehrbedarf im Amt für Kinder, Jugend und Familien. Mit Petra Braun und Toni Alff wurden im Sozialdienst des Jugendamtes zwei erfahrene Kollegen für die Arbeit mit den minderjährigen Flüchtlingen beauftragt.

Clearing: Zusätzliche Einrichtungen wurden geschaffen


Die Jugendlichen werden im Rahmen der Inobhutnahme zunächst in Einrichtungen im Landkreis aufgenommen. Bei diesen Einrichtungen handelt es sich um die sogenannten Clearingeinrichtungen Felicitas der Caritas und Insula der Diakonie Fürstenbrunn in Bischofswiesen, dem Clearinghaus der Jugendhilfe Schätzel in Bad Reichenhall, dem CJD Asthmazentrum Buchenhöhe in Berchtesgaden sowie einigen besonders geeigneten Pflegefamilien, die vom Landratsamt Berchtesgadener Land mit diesen Aufgaben beauftragt und bezahlt werden.

Dort verweilen die Jugendlichen in der Regel ca. 2 bis 3 Monate, wie Toni Alff, erklärt. In dieser Zeit werden zunächst die Herkunft und der Gesundheitszustand der Jugendlichen abgeklärt (sog. „Clearing“). Dies geschieht unter Federführung des Gesundheitsamtes und in Zusammenarbeit mit den Ärzten im Landkreis.

Die minderjährigen Flüchtlinge werden beschult, um vor allem ihre sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern.

Meist sind es persönliche Tragödien in den Unruhegebieten die die Jugendlichen zur Flucht bewogen haben, so Petra Braun. Mögliche Traumata, die die Jugendlichen durch die Situation in ihrem Heimatland oder während der Flucht erlitten haben, werden in den Jugendhilfeeinrichtungen einer Behandlung zugeleitet.

Zur Entscheidung über die weitere Versorgung und Unterbringung werden die Jugendlichen hinsichtlich ihres Entwicklungsstandes fachlich beurteilt. Anschließend wird entschieden, ob der oder die Minderjährige in eine teilbetreute Einrichtung, eine vollbetreute Einrichtung, in eine Jugendwohngruppe oder in eine Pflegefamilie kommt.

Bereits zu Beginn des Aufenthalts im Landkreis werden den Jugendlichen Kulturtechniken des deutschen bzw. europäischen Kulturkreises vermittelt, damit sie im täglichen Leben besser zurechtkommen.

Besonderer Wert wird darauf verwendet, heraus zu finden, welche Begabungen die Jugendlichen haben, speziell hinsichtlich der Sprache und ihren schulischen bzw. beruflichen Talenten, um so eine möglichst passgenaue zukünftige Einrichtung im Anschluss an die Clearingmaßnahme zu finden.

Bei der Suche nach weiterführenden Einrichtungen werden einerseits bereits vorhandene familiäre Strukturen in Deutschland berücksichtigt und mögliche Familienzusammenführungen eingeleitet.

Andererseits ist das Jugendamt bestrebt, Einrichtungen zu finden, die besonders für die Bedürfnisse der minderjährigen Flüchtlinge geeignet sind.

Der soziale und menschliche Ansatz des Jugendamtes führte im vergangenen Jahr dazu, dass unbegleitete Minderjährige im Anschluss an den Clearingaufenthalt im Landkreis Berchtesgadener Land im gesamten Bundesgebiet von Brandenburg im Nordosten, über den Bodensee im Südwesten, die Oberpfalz oder Heidelberg im Westen untergebracht wurden.

red/Pressemitteilung LRA BGL
Bild © LRA BGL
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