Braune Nadelspitzen, schwindende Vitalität und ein Absterben der Bäume bei mehrjährigem Befall: 2022 wiesen Forscher die so genannte „Braunfleckenkrankheit“ erstmals an Latschenkiefern im Berchtesgadener Talkessel und im Nationalpark nach. Heuer startete die Nationalparkverwaltung ein Projekt zur Erforschung der Krankheit, die durch einen aus Nord- und Mittelamerika eingeschleppten Pilz ausgelöst wird.
Die Latsche ist eine Charakterart im Nationalpark Berchtesgaden und von großer Bedeutung für die Gebirgsökosysteme im Schutzgebiet. „Sie stabilisiert den Boden, fördert die Humusbildung und sorgt für ein ausgeglichenes Mikroklima. Die Latsche ermöglicht es anderen Pflanzen, sich in rauer Umgebung zu etablieren und bietet Lebensraum für Mikroorganismen, Pilze, Pflanzen und Tiere“, erklärt Projektleiterin Barbara de Araujo die Bedeutung der robusten Baumart, die im Schutzwald außerdem Bodenerosion und Nährstoffverlust durch Lawinen oder Steinschlag entgegenwirkt. Im Nationalpark sind rund 1.700 Hektar mit Latschen bewachsen, das sind 15 Prozent der mit Holzgewächsen bestockten Gesamtfläche. Dabei kommen sie vorrangig in Höhenstufen zwischen 1.200 und 1.900 m vor.
Aktuell untersuchen Forscher im Wimbachtal die Auswirkungen der Latschengesundheit auf Mikroklima, Boden und Waldverjüngung. Dazu wurden bis hinauf zum Trischüblpass 72 Holzkästen mit den Samen von vier verschiedenen Baumarten ausgebracht. Barbara de Araujo erforscht damit das Keim- und Anwuchsverhalten von Fichte, Zirbe, Bergahorn und Vogelbeere, die Teil der natürlichen Waldgesellschaft sind und häufig zusammen mit Latschen vorkommen. Ein Gitterkorb schützt die Saat vor tierischen Samensammlern und Pflanzenfressern. De Araujo und ihr Team haben die Kästen unter gesunden Latschen, kranken Latschen und im Offenland ausgebracht. Mit dem Experiment möchten die Wissenschaftler herausfinden, wie die künftige Bergwalddynamik unter dem Einfluss des Pilzes aussehen könnte. Mit Ergebnissen rechnet de Araujo nach zwei Vegetationsperioden. Danach werden alle Installationen wieder aus der Fläche entfernt.
Das Projekt ist ein wichtiger Beitrag des Nationalparks zur Erforschung eines zunehmenden Problems der globalisierten Welt: Das Verschleppen von Arten in Ökosysteme, die an die Neuankömmlinge nicht angepasst sind. Weltweit trugen diese sogenannten „invasiven Arten“ bei 60 Prozent der ausgestorbenen Arten zu deren Verschwinden bei. Hinzu kommt, dass der Klimawandel dem neuen Pilz die Ausbreitung in höhere Gebirgslagen ermöglicht.
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