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Fast zehn Prozent mehr Notfalleinsätze & über fünf Prozent mehr Notarzteinsätze im Jahr 2022

Der Rettungsdienst und die Krankentransporte des Roten Kreuzes rückten 2022 24.262 mal aus. Dies war eine Steigerung um 980 Fahrten. Flexible und pflichtbewusste Haupt- und Ehrenamtliche verhinderten trotz schwieriger Engpässe Schichtausfälle.

Der Rettungsdienst und Krankentransport des Roten Kreuzes im Berchtesgadener Land war 2022 bei insgesamt 24.262 Einsätzen gefordert – 980 und damit über vier Prozent mehr als 2021, wobei die 13 Fahrzeuge mit über 27.000 zusätzlichen Kilometern auch fast vier Prozent mehr Wegstrecke zurücklegten; durchschnittlich sind das pro Einsatz wie in den beiden Vorjahren rund 32 Kilometer. Im Schnitt rückte der Rettungsdienst des Landkreises über 66 mal pro Tag aus (2021: 64) und umrundete fast 20 mal die Erde. Um fast zehn Prozent (293) ist dabei die Anzahl der Notfalleinsätze (Rettungswagen ohne Notarzt) auf 3.352 gestiegen, wobei auch die Notarzteinsätze über fünf Prozent (198) mehr geworden sind (3.900). Die Anzahl der Krankentransporte ging um 1,59 Prozent (150) auf 9.290 leicht zurück, und die Anzahl der nicht verrechnungsfähigen Einsätze, darunter Hilfeleistungen ohne Patiententransport, Gebietsabsicherungen und Abstellungen zur Absicherung größerer Einsätze stieg nach einer Steigerung von über zehn Prozent von 2020 auf 2021 erneut um fast neun Prozent (630) auf mittlerweile 7.720 deutlich an.

Kein einziger krankheitsbedingter Schichtausfall


„Trotz des anhaltenden Fachkräftemangels in den pflegerischen Berufen, wiederholt sehr kurzfristiger pandemie- und anderer krankheitsbedingter Personalausfälle und der überdurchschnittlich hohen Belastung unserer Mitarbeiter mussten wir auch 2022 keine einzige Schicht wegen Personalmangel abmelden“, freut sich Bereichsleiter Markus Zekert, der seine beiden Stellvertreter Hermann Scherer und Christian Zelzer und sein gesamtes Team für ihre überdurchschnittlich hohe Einsatzbereitschaft lobt: „Die Kollegen nehmen ihre gesellschaftlich wichtige Aufgabe sehr ernst, sind häufig spontan bei Ausfällen eingesprungen und wurden durch hoch motivierte Ehrenamtliche aus den BRK-Bereitschaften und der BRK-Wasserwacht tatkräftig unterstützt, die sich extra Urlaub genommen haben! Dafür gebührt ihnen besondere Wertschätzung von uns allen!“

Fast 20 Erdumrundungen


Das BRK betreibt im Landkreis acht Rettungswagen (RTW), fünf Krankenwagen (KTW) und drei Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF), darunter drei Ersatzfahrzeuge – alle sind mit Allrad ausgestattet, was sich vor allem während der Tage mit massiven Schneefällen sehr bewährt hat. Den größten Anteil an Rettungsdiensteinsätzen machen mit über 70 Prozent internistische Notfälle aus; Verkehrsunfälle und andere chirurgische Einsätze nehmen im Verhältnis einen immer geringeren Anteil ein. Die Retter haben vergangenes Jahr 781.204 Kilometer (fast vier Prozent mehr) zurückgelegt und damit mit zusätzlichen 27.352 Kilometern insgesamt fast 20 mal die Erde umrundet. Deutlich mehr Strecke als im Vorjahr haben dabei vor allem der Freilassinger RTW (11.504 Kilometer mehr), der erste Berchtesgadener RTW (6.498), der Teisendorfer RTW (4.951) und das Berchtesgadener NEF (3.310) gemacht.

980 Fahrten mehr als im Vorjahr


Die größte Steigerung in der Zahl der Einsätze gab es beim Berchtesgadener NEF (+163), beim ersten Berchtesgadener RTW (+144), beim Teisendorfer RTW (+137), beim Freilassinger NEF (+105) und beim zweiten Berchtesgadener RTW (+97); gefolgt vom ersten Freilassinger KTW (+70), dem Freilassinger RTW (+65), dem Reichenhaller NEF (+58), dem Reichenhaller KTW (+35), dem ersten Reichenhaller RTW (+30). Im direkten Vergleich aller Fahrzeuge hatte der erste Reichenhaller RTW 2022 die meisten Einsätze (3.654), gefolgt vom Freilassinger RTW (3.099), dem Teisendorfer RTW (2.490), dem ersten Berchtesgadener RTW (2.165), dem zweiten Reichenhaller RTW (2.007), dem ersten Freilassinger KTW (1.839), dem Freilassinger NEF (1.513), dem Reichenhaller NEF (1.466), dem zweiten Freilassinger KTW (1.393), dem Reichenhaller KTW (1.233), dem zweiten Berchtesgadener RTW (1.162), dem Berchtesgadener NEF (1.105) und dem Berchtesgadener KTW (988). Die absolute Zahl der Einsätze bildet aber nie den tatsächlichen Zeitaufwand und die Auslastung ab, da die Fahrzeuge unterschiedlich weit und lange unterwegs sind und in ihren jeweiligen Schichten nicht alle rund um die Uhr in Betrieb sind.

Viele nicht verrechenbare Einsätze


7.720 Fahrten waren nicht verrechnungsfähig (fast neun Prozent mehr als 2021), darunter 4.004 NEF-Fahrten (abgerechnet wird nur der Patiententransport), 1.573 nicht verrechenbare Einsätze, 984 Fehlfahrten, 853 Gebietsabsicherungen, 170 Dienstfahrten, 104 Werkstattfahrten und 32 Notarztzubringer. Das Rote Kreuz rückt auch aus, ohne das die Kosten für die Fahrt dann jemandem in Rechnung gestellt werden können – das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich vor Ort herausstellt, dass trotz des Notrufs überhaupt kein Notfall vorliegt, der Patient einen Transport verweigert oder wenn die Notfallsanitäter lediglich zur Absicherung ausrücken, wenn es beispielsweise brennt oder der Einsatz keinem konkreten Patienten zugeordnet werden kann. „Die Meldungen im Notruf weichen manchmal stark von dem ab, was unsere Mitarbeiter dann vor Ort feststellen; das liegt daran, dass die Situation oft sehr subjektiv empfunden und bewertet wird und nicht immer einfach einzuschätzen ist, aber auch daran, dass die Hemmschwelle, die 112 in allen Lebenslagen zu wählen, definitiv gesunken ist“, erklärt Zekert. Die Retter müssen im Zweifelsfall bei unklaren oder fehlenden Informationen auf Nummer Sicher gehen, den Schilderungen im Notruf zunächst einmal glauben und immer ein Fahrzeug schicken; viele Einsätze stellen sich dann vor Ort aber rasch als weniger dramatisch dar. Problematisch ist aber, dass durch die hohe Zahl dieser Fehleinsätze Rettungsmittel gebunden sind, die womöglich dann bei echten Notfällen fehlen oder erst später eintreffen. „Bei Verdacht auf akute Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sollte man aber keine Hemmungen haben, auf jeden Fall sofort anrufen und sich von den fachkundigen Disponenten beraten lassen, damit im Ernstfall keine lebensrettende Zeit vergeht“, betont Zekert.

Die Zahl der so genannten Gebietsabsicherungen ist mit 853 im Vergleich zu 2021 (798) um fast sieben Prozent gestiegen, was daran liegt, dass die Besatzungen mit ihren Patienten tendenziell länger und weiter (2020 bis 2022 im Schnitt 32 Kilometer pro Einsatz) unterwegs sind als noch vor ein paar Jahren, da die Kliniken spezialisierter und ausgelasteter sind und auch nicht jeden Patienten aufnehmen können. Sind beispielsweise alle Rettungsmittel aus Berchtesgaden bereits im Einsatz oder mit Patienten zu Kliniken unterwegs, schickt die Leitstelle einen Rettungswagen einer Nachbarwache präventiv nach Hallthurm oder Winkl, damit die Besatzung von dort aus das ansonsten nicht mehr optimal versorgte Gebiet im südlichen Landkreis bei möglichen Folgeeinsätzen rascher erreichen kann.

48 Patienten bei Spitzenabdeckungen durch die ehrenamtlichen BRK-Bereitschaften
Bedingt durch Wetter, Tourismus, Verkehr und weitere Faktoren wie 2022 auch im dritten Jahr die Corona-Pandemie gibt es immer wieder so genannte Einsatzspitzen mit besonders vielen Notfällen und Krankentransporten gleichzeitig, wobei die ehrenamtlichen BRK-Bereitschaften dann die reguläre Vorhaltung mit ihren eigenen Sanitätern und Fahrzeugen ergänzen. 2022 versorgten und transportierten sie 48 Patienten (2021: 42; 2020: 36) – bei Unfällen, bei internistischen Notfällen sowie bei Engpässen im Krankentransport. „Dieses sinnvolle Plus an Sicherheit für die Menschen im Landkreis leisten wir ausschließlich ehrenamtlich; die zusätzlichen Fahrzeuge und Ausrüstung müssen aber nahezu komplett mit Spenden aus der Bevölkerung finanziert werden“, betont Kreisbereitschaftsleiter Florian Halter, der vor allem bei der schwierigen Finanzierung der Garagen zukünftig auf öffentliche Unterstützung hofft. Geografisch ist das Berchtesgadener Land aufgrund der Berge gerade im südlichen Landkreis von den Nachbarregionen abgeschnitten. Wenn alle regulären Rettungsmittel bereits im Einsatz sind, kann die Leitstelle deshalb auf die Schnell-Einsatz-Gruppen (SEG´n) zurückgreifen. Die BRK-Bereitschaften im Landkreis halten zur Ergänzung des Rettungsdienstes und für Großschadensfälle aller Art 21 zusätzliche Fahrzeuge, zehn Anhänger und umfangreiche Ausrüstung bereit, die - genauso wie die Aus- und Fortbildung der freiwilligen Sanitäter - fast ausschließlich über Spendengelder finanziert werden.

82 Hauptamtliche, neun Azubis, 30 Ehrenamtliche und vier im Bundesfreiwilligendienst


Aktuell 82 hauptamtliche Sanitäter, zusätzlich neun Auszubildende und im Schnitt 30 Ehrenamtliche der BRK-Gemeinschaften besetzten im Schichtdienst bis 13 Fahrzeuge, die in der regulären Vorhaltung gleichzeitig im Dienst sind. Um den Rettungsdienst im Gebirge und an Gewässern kümmern sich die Ehrenamtlichen der Bergwacht im BRK und der BRK-Wasserwacht. Damit leistet das BRK im Berchtesgadener Land 100 Prozent der Einsätze und garantiert eine optimale Notfallversorgung der Bevölkerung. Derzeit sind 44 Hauptamtliche und zwei Ehrenamtliche als Notfallsanitäter aus- oder weitergebildet, wobei sich viele der bisherigen Rettungsassistenten mit bestandenen Ergänzungslehrgängen weiterqualifizierten und Berufseinsteiger die dreijährige Ausbildung komplett durchliefen. Bedingt durch die Pandemie war auch der Aus- und Fortbildungsbetrieb an den Rettungswachen zumindest zeitweise stark beeinträchtigt, so dass viele Lerninhalte über E-Learning und mehr Selbststudium vermittelt werden mussten. Seit Dezember 2019 hat der Ärztliche Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) den Notfallsanitätern offiziell geschulte und geprüfte Maßnahmen delegiert, darunter die eigenständige Gabe von ausgewählten Medikamenten – mit strengen Vorgaben zur Dokumentation und nachträglichen Überprüfung durch den ÄLRD. So dürfen die Notfallsanitäter bei oft sehr schmerzhaften isolierten Verletzungen der Extremitäten, wie einem Knochenbruch am Arm oder Bein, dem Notfallpatienten selbständig Schmerzmittel verabreichen oder bei akuten Atembeschwerden vernebelte Medikamente einatmen lassen. „Unsere Notfallsanitäter können damit wesentlich effektiver helfen als zuvor und müssen nicht warten, bis manchmal von weit her ein Notarzt eintrifft“, freut sich Ausbildungsleiter Hermann Scherer.

Fast zehn Prozent mehr Notfalleinsätze & über fünf Prozent mehr Notarzteinsätze im Berchtesgadener Land. Was sind die Gründe für die seit Jahren steigenden Einsatzzahlen im Rettungsdienst und Krankentransport?



• Es handelt sich um einen bundesweiten demographischen Trend, der wohl vor allem mit der besonders in Deutschland sehr steil ausgeprägten Bevölkerungspyramide direkt zusammenhängt: Die Menschen werden hierzulande durch einen allgemein gesünderen Lebensstil, weniger belastende körperliche Arbeit und unser trotz all seiner bekannten Schwächen im weltweiten Vergleich doch immer noch sehr gutes Gesundheitssystem tendenziell viel älter als früher, wodurch auch der Anteil in der Gesellschaft stetig ansteigt, der zwangsläufig altersbedingt irgendwann einfach häufiger akut krank oder verletzt ist als allgemein weniger anfällige jüngere Menschen, die durch die anhaltend rückläufige Geburtenrate auch einen immer kleineren Anteil unserer Gesellschaft ausmachen.

• Insbesondere in der Urlaubs- und Freizeitregion Berchtesgadener Land wird das Phänomen der steigenden Einsatzzahlen durch Wetter und Tourismus noch weiter verstärkt: Wenn es schön ist, dann sind Einheimische und Gäste aktiver und mehr unterwegs als sonst und es passiert auch mehr. Die Folge sind gelegentliche Einsatzspitzen, also Zeiträume, in denen so viel gleichzeitig passiert, dass die Ehrenamtlichen der BRK-Bereitschaften den regulären Rettungsdienst und Krankentransport ergänzen müssen, zumal hier durch die Berge vor allem im inneren Landkreis nicht einfach so aus allen Richtungen reguläre Rettungsmittel aus Nachbarregionen ohne Umwege anfahren können. Man darf auch nicht vergessen, dass durch die vielen Urlauber und seit 2017 auch wieder mehr Flüchtlinge über längere Zeiträume wesentlich mehr Menschen hier leben, als es die reinen Einwohnerzahlen der Städte und Gemeinden widerspiegeln.

• Hinzu kommt, dass die stabilisierenden Strukturen von früheren Großfamilien und Dorfgemeinschaften, wie sie noch unsere Großeltern kannten, nicht mehr so gut funktionieren oder sogar komplett ausgefallen sind. Sprich: Ältere und Kranke leben häufig alleine und können nicht mehr auf ein Netzwerk aus Angehörigen, Freunden und Nachbarn zählen, die nicht selten weit entfernt wohnen um deshalb nicht zeitnah helfen können. Damit werden eigentlich für Jedermann machbare einfache Hilfeleistungen im Alltag zum ernsten Problem für Betroffene, die auf sich allein gestellt sind und in ihrer Not dann oft mitten in der Nacht verzweifelt die 112 anrufen. Das Phänomen hat sich in den letzten Jahren noch durch die Schwächen in Medizin und Pflege, insbesondere den Personalmangel weiter verschärft, wobei die Akteure die Probleme aufgrund ihrer häufig bereits überschrittenen Kapazitätsgrenzen nicht mehr wie früher nachhaltig lösen, sondern nur noch verlagern können. Wenn keiner mehr weiter weiß, der ambulante oder stationäre Klinik- oder Pflegeplatz fehlt, kein Hausarzt am Ort mehr neue Patienten aufnehmen kann und der nächste freie Termin beim Facharzt in weiter Zukunft liegt; am Ende dieser oft langen und für alle Beteiligten zermürbenden Kette stehen immer wir als Rotes Kreuz oder auch die Polizei, da hier vorausgesetzt wird, dass wir immer kommen. Die Tragik dabei ist aber, dass auch trotz dieser hohen Erwartungshaltung unsere Möglichkeiten begrenzt sind, wir genauso mit den Schwächen im Gesundheitswesen zu kämpfen haben und gerne mehr helfen würden, als wir es tatsächlich können.

red/Pressemitteilung BRK BGL

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